Schwimmunterricht

Jennifer F.* sitzt am Stubentisch – es ist Zeit, die Hausaufgaben zu erledigen, denn Morgen steht eine schwierige Prüfung im Rechnen an. Eigentlich ist ihr gar nicht danach zumute.

An diesem Nachmittag nämlich wäre Schwimmunterricht angesagt. Diesen hat sie die letzten Monate besucht und viele Fortschritte gemacht. Sogar das Crawlen hat sie gelernt, und sie ist stolz darauf, dass sie nun mit dem „Chöpfeler“ ins Wasser springen kann. Doch zum Unterricht darf sie nun nicht mehr. Es läge nicht mehr drin, hat man ihr gesagt. Zu teuer. Überhaupt ist alles ein bisschen anders, seit ihr Vater die Stelle verloren hat. Als Jennifer F. noch nicht zur Schule ging, durfte sie den Vater manchmal bei seinen Pizzakurierfahrten begleiten. Von der Kundschaft erhielt sie ab und zu einen kleinen Batzen, den sie voller Stolz in ihr Sparschwein legte.

Ihr Papa ist jetzt öfters zuhause und hilft ihr bei den Hausaufgaben. Ihre Schwester geht in den Kindergarten, der Bruder ist kürzlich dreijährig geworden. Herr F. und seine Familie werden vom Sozialdienst der Gemeinde teilunterstützt, damit sie über die Runden kommen. Die Mutter von Jennifer leistet durch ihre Putzarbeit einen Anteil an die Ausgaben des fünfköpfigen Haushalts, und so kommt die Familie mit Biegen und Brechen durch. Aber: Jeder Rappen muss zwei Mal umgedreht werden, und so kann auch der Schwimmunterricht von Jennifer nicht mehr bezahlt werden. Sie muss auf Vieles verzichten, was für andere selbstverständlich ist. Und das betrifft leider auch ihre Bildung.


* Name geändert, Bilder anderer Personen verwendet.








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Chantal Galladé
«Ich will, dass alle Kinder und Jugendlichen in diesem Land die bestmögliche Ausbildung und Betreuung bekommen. Nur so haben Armutsbetroffene eine Chance, sozial aufzusteigen.»